Africa Cup of Nations 2008 - Eine Woche in Ghana

Africa Cup of Nations 2008 - Eine Woche in Ghana

Diary of some Groundhopping
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Teil 3

Timeo Ghanaos...

Timeo Ghanaos et donae ferentes. Bin ich eigentlich der einzige, der bei dem Land Ghana dieses Zitat im Ohr hat? Damit könnte man sich einen Anstrich klassischer Bildung geben, stammt es doch von Ovid, aber die meisten dürften es Landeswappen am Unabhängigkeitsplatz eher aus Asterix als Legionär kennen, wo es als Buchstabierhilfe verwendet wird. Ich fürchte die Ghanaer, auch wenn sie Geschenke bringen, lautet die Übersetzung oder eigentlich die Danaer - also Griechen -, auf die sich das Zitat im Original bezieht, als Ovid seinen Protagonisten Laokoon skeptisch auf ein hölzernes Pferd blicken läßt, das die griechischen Belagerer nach ihrem Abzug hinterlassen haben - augenscheinlich als Tribut an die Stadt Troja mit ihren unüberwindbaren Befestigungen. Um ein Geschenk geht es beim Africa Cup of Nations auch, aber das will die Ghanaische Nation sich selbst etwas verspätet zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit machen, der letztes Jahr im März begangen wurde. Um genau zu sein, soll es die Black Stars genannte Nationalmannschaft sein, die der Nation dieses Geschenk in Form des Africa Cup of Nations machen soll und sollte es wirklich gelingen, wie die beiden Vorgänger Tunesien und Ägypten den Pokal im eigenen Land zu behalten, wäre das sicherlich alles andere als ein Danaergeschenk oder Trojanisches Pferd.

Letzte Planung

Grund genug bietet das Spektakel des ACN2008 jedenfalls, um selbst eine Reise ins Land zu planen, auch wenn die während der Gruppenphase des Turniers spielen und auch zu Ende gehen soll. Mit der Lufthansa bietet sich eine Fluggesellschaft an, die direkt von Frankfurt nach Ghana fliegt, was je nach Zeitpunkt der Buchung mit 650 bis 1000 EUR zu Buche steht, aber auch für 37000 Prämienmeilen Travella Lodge, Accra zuzüglich ca. 220 EUR Steuern und Gebühren zu bekommen ist, was - wie sich später herausstellen soll - auch von zahlreichen anderen Deutschen Fußballtouristen so oder ähnlich genutzt wird mit einer Minderheitenbuchung bei KLM ab Amsterdam. Weitere Vorplanungen bestehen dann nur noch im Einholen des Visums (die erforderliche Gelbfieberimpfung hat man sich schon im letzten Jahr verpassen lassen, als es erstmalig nach Westafrika ging), einer Konsultation eines Tropenmediziners mit dem Ergebnis, daß man erstmalig auf chemische Malariaprophylaxe setzt, und dem Versuch, vorab schon mal Hotels zu buchen, was größtenteils auch erfolgreich ist, wenn man mal davon absieht, daß die Übernachtung im Spielort und Provinzdorf Tamale bei Abreise noch offen ist. Bei den Gesprächen über das Turnier hat sich mit 'Gallendieter' auch noch ein Mitfahrer gefunden, so daß man zu dritt in Ghana unterwegs sein wird und bestimmte Kosten wie z. B. für Taxifahrten durch Verteilen auf mehrere Schultern entsprechend günstiger zu werden versprechen.

Ankunft in Accra

Der Flug verläuft recht unspekakulär, so daß dazu nur folgendes zu erwähnen ist: erstens sind (ich meine) acht weitere Groundhopper an Unabhängigkeitsmonument Bord, darunter einige Prominenz der Zunft, zweitens gilt das auch für Ernst Middendorp, der sich allerdings im Gegensatz zum einfachen (Hopper-)Volk in der ersten Klasse rumsiedelt, und außerdem kann man beim Zwischenstopp in Nigeria aus den Bullaugen der Maschine einen herrlichen Flugzeugfriedhof besichtigen, auf dem die Teile offensichtlich zur weiteren Verwendung (oder zum Einschmelzen) der Einzelteile auseinandergebaut werden. In Accra angekommen gibt es eine längere Wartezeit bei der Paßkontrolle, die dann ihrerseits kurz und schmerzlos verläuft. Nach dem Impfpaß fragt niemand, so daß man wohl das Geld für die Gelbfieberimpfung hätte sparen können, aber die läßt man ja auch zur eigenen Sicherheit machen. Nach der Einreise bekommt man erst mal eine ghanische Prepaid-Handykarte geschenkt, die sogar schon 1,50 Cedi (1 Cedi = 100 Pesewas = ca 0,70 EUR) Guthaben enthält - genug für 15 SMS - und in der nächsten Zeit intensiv genutzt und mehrmals nachgeladen werden soll.

Gibt's hier Tickets?

Im Terminal fällt sofort ein Stand zum Nations Cup auf, auf dem jedoch augenscheinlich nur Fanartikel verkauft werden. Nein, so erfährt Denkmal zur Stadionkatastrophe vom 9.5.2001 man auf Nachfrage, Tickets würden hier nicht verkauft, aber einer der Leute am Stand outet sich als Mitarbeiter einer Reiseagentur, bei der man Karten für alle Spiele bekommen könne und zwar zum Normalpreis von 4 bis 75 Cedi. Mit der Telefonnummer des Herren und der Adresse der FNA-Travel Agentur ausgestattet verläßt man das Terminal, wo sofort ein Schild mit Aufschrift Travella Lodge auffällt - offensichtlich der Abholservice des gebuchten Hotels. Auf dem Parkplatz bekommt man den ersten Eindruck davon, daß Ghana ein Land ist, in dem vieles etwas langsamer geht und von daher immer mal wieder Geduld gefragt ist. Die Schiebtür fällt beim Versuch, sie zu öffnen, aus dem Wagen (zum Glück hat das eine Hotelangestellte gemacht, so daß sich die Schuldfrage gar nicht erst stellt) und es dauert einige Zeit, bis der Fahrer das gute Stück wieder befestigt hat, so daß es schließlich zur Lodge gehen kann, die in der Nähe des Flughafens und von daher recht weit von der Innenstadt Accras entfernt ist. Am Hotel angekommen, ist der Tag dann auch vorbei und man beschließt, noch kurz an einem vielleicht 500 Meter entfernt liegenden und von daher leicht zu Fuß erreichbaren Café, an dem man vorbeigekommen ist, etwas Fastfood einzuwerfen und dann erst mal zur Nachtruhe zu schreiten.

Es gibt viel zu tun

Für den nächsten Tag hat man sich einiges vorgenommen. Zum einen soll unbedingt die Frage der Tickets geklärt werden, zum anderen Detailaufnahme: Sockel des Denkmals mit Inschrift will man sich über die Möglichkeiten aufklären lassen, zu den jeweiligen Spielorten zu kommen. Einen ersten Eindruck von Accra will man natürlich auch bekommen und so bricht man kurz nach dem Frühstück auf in die Stadt, wobei sich die Hotelangestellte Ruby anschließt, deren eigentliche Funktion etwas unklar bleibt, die uns aber während des Aufenthalts in Accra kaum von der Seite weichen wird. Zunächst geht es zur FNA-Travel Agentur. Dort füllt man erst mal ein Bewerbungsformular für die Tickets aus und erfährt, daß das Eröffnungsspiel aber doch ausverkauft sei. Später stellt sich dann aber heraus, daß der Kollege von gestern - heute nicht anwesend - ein paar private Karten dafür hat, Kurventickets, die er uns freundlicherweise für 35 Cedi überlassen würde, ein Angebot, das man trotz der Vermutung, daß die Karten in Wirklichkeit doch nur aus dem großen Stapel stammen könnten, nicht ausschlagen kann.

Erster Eindruck von Stadion und Umfeld

Zunächst macht man sich mal zu Fuß zum Stadion auf, das sich von außen als recht moderne Anlage präsentiert, bei der allerdings nur die Feiernde Fans vorm Ohene Dijan Stadion Haupttribüne überdacht ist. Neben der Runde ums Stadion bleibt auch noch Zeit, das nahegelegene Independence Monument zu besuchen - ein großes Tor, das mit dem obligatorischen Stern, der Jahreszahl AD 1957 und dem Ghanaischen Motto Freedom and Justice geschmückt ist und auf dessen Treppen man vortrefflich im Schatten dösen kann. Einem weiteren Denkmal direkt am Stadion wird ebenfalls die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet: mit ihm wird an die Stadionkatastrophe vom 9.5.2001 erinnert, bei der 127 Menschen zertrampelt wurden, nachdem die Polizei bei einem Ligaspiel durch den Einsatz von Tränengas gegen Randalierer eine Massenpanik ausgelöst hatte. Gelegentliche Anrufe bei FNA Travel ergeben, daß sich noch nichts getan hat und schließlich entscheidet man, ins Büro der Agentur zurüczukehren und zu sehen, ob man den Ablauf nicht beschleunigen kann.

Hier gibt's Tickets!

Bei FNA Travel angekommen bekommt man erst mal das bekannte Formular zum Ausfüllen in die Hand gedrückt und erhält auf die Bemerkung, daß Wer hat Angst vorm bunten Mann? man das schon abgegeben habe, die Info, daß man auf Rückruf warten solle. "Nein, nein! So geht's nicht. Uns wurden Karten für heute Nachmittag zugesagt und wir brauchen die jetzt auch!" Es folgt eine längere Diskussion und der Hinweis, daß aber der zweite Spieltag mit dem Knaller Nigeria gegen Cote D'Ivoire auch schon ausverkauft sei. Meine Argumente, daß man doch für die nächsten sechs Tage Karten nehme und es da doch möglich sein müßte, so guten Kunden irgendwoher auch drei Billets für das nachgefragte Spiel zu besorgen, scheint aber irgendwie einsichtig zu sein, denn die inzwischen zugeeilte matronenhafte Frau - anscheinend sowas wie die Chefin des Ladens - entscheidet am Ende, daß uns das Paket wie gewünscht zusammenzustellen sei und man möge sich doch noch mal für zehn Minuten in den Warteraum begeben. Als die zehn Minuten nach einer erwartungsgemäßen Dreiviertelstunde noch nicht vorbei sind, zieht man wieder zum Schreibtisch des bewußten FNA-Mitarbeiters und läßt sich dort nieder. Das führt am Ende zur Zusage der Chefin, das jetzt die Karten zusammengestellt würden und tatsächlich - weitere zehn Minuten später hält man das Paket mit allen gewünschten Tickets in der Hand, wobei man sich jeweils für die mittlere Kategorie für 15 Cedi pro Karte entschieden hat.

Tag eins in Accra geht zu Ende

Nach diesem durchaus erfolreichen Tag - durch die Einnahme eines Abendessens abgerundet - geht es dann auch zurück zur Travella Lodge, wo man mit Hotelchef Edmond über die Transportmöglichkeiten spricht. Eigentlich könne man alle Strecken bequem per Tro-Tro (also Flaggen von CAF, Ghana und Guinea Minibus) fahren, was den Vorteil hat, daß man auf keinen Fahrplan angewiesen ist, denn die fahren los, wenn sie voll sind. Ausnahme sei hier der Weg von Tamale nach Accra, der so weit sei, daß Edmond einen Flug empfehle. So geht es zurück zum Café vom Vortag, dem auch ein kleines Internet-Café angeschlossen ist, wo man die Flüge zum - wie schon zu Hause im Netz ermittelten - Preis von 150$ pro Person bei der einheimischen Linie Citylink bucht. Währenddessen wird weiteres Groundhopper-Volk erwartet, das sich für die Anreise zum spätestmöglichen Termin vor dem Eröffnungsspiel entschlossen hat - am Ende taucht auch solches auf, wegen eines kleinen Kommunikationsproblems jedoch nicht ganz die erwarteten Leute, die am Ende doch ein anderes Hotel gebucht haben. In der Erwartung, die am Hotel Angekommenen, die noch in die Stadt zum Essen wollen, gar nicht mehr anzutreffen, geht es nach einer kurzen Begrüßungs-SMS an die Herrschaften zurück zur Travella Lodge, wo sie dann doch noch ausgeharrt haben, weil anscheinend nicht ganz klar rübergekommen ist, daß man im Hotel zu bleiben gedenkt, aber auch diese Mißverständnisse lassen sich ausräumen und so ist endgültig Nachtruhe angesagt.

Jetzt geht's los!

Am nächsten Tag ist erst mal ein Abstecher zum Flughafen angesagt, denn leider ist eine Online-Zahlung bei Citylink nicht möglich und Eröffnungsfeier man muß zum Büro der Airline, um das reservierte Ticket auch wirklich zu bekommen. Es geht zunächst zum Büro der Airline im ersten Stock, dort bekommt man eine Rechnung, die am Schalter im Erdgeschoß bezahlt werden soll. Von da aus wird man schließich zu einer Theke geschickt, an der man Getränke kaufen, aber offensichtlich auch Flugtickets bezahlen kann. Am Ende jedenfalls hält man tatsächlich die Tickets in der Hand - zwischendurch hat noch mal jede mit jedem telefoniert bis dann endlich klar ist, was getan werden muß. So kann es also zum Stadion gehen, das man bereits mittags - also drei Stunden vor der Eröffnungsfeier - betreten will, um dem erwarteten Chaos aus dem Weg zu gehen. Zu Beginn geht dann auch alles sehr ruhig ab - man steht brav Schlange und hat hier die Gelegenheit, bei fliegenden Händlern Getränke, wilde Fanartikel und überhaupt alles mögliche zu erstehen, doch später - nachdem unsere Gruppe bereits die Anlage geentert hat - soll es dann wohl doch noch etwas hektischer geworden sein. Zu bestaunen gibt es auf jeden Fall immer wieder farbenprächtig angemalte Fans, die sich für ein paar Pesewas solo oder mit anderen Fans fotografieren lassen, oder auch Fans, die ebenso bunte Umzüge bilden. Unterhaltungen mit ghanaischen Fans ergeben übrigens, daß die meisten ebenfalls Schwarzmarktpreise für ihre Eintrittskarten bezahlen mußten - manche bis zu 50 Cedi für die billigste Kategorie -, weil der offizielle Ticketverkauf über die Postämter zumindest für den Opener so gut wie überhaupt nicht funktioniert haben soll.

Eröffnungsfeier und - spiel


Bis 15 Uhr hat sich die Anlage recht gut gefüllt und so wohnen etwa 40000 Leute der Show bei, in deren Rahmen Staatspräsident EröffnungsfeierJohn Agyekum Kufuor den Cup für eröffnet erklärt. Dazu gibt es recht sehenwerte Darbietungen auf dem abgedeckten Rasen, bei denen bis auf etwas Feuerwerk auf modernen Schnickschnack verzichtet wird. Dafür gibt es traditionelle ghanaische Tänze und Rituale zu sehen, wozu auch Reiter aus dem Norden des Landes gehören und die teilnehmenden Nationen werden in Form von großen als Landesfahnen gestalteten Schirmen repräsentiert. Immer mehr Leute strömen in den Innenraum und bei all dem hektischen Gewusel ist teilweise kaum zu verstehen, daß die Akteure nicht ständig zusammenstoßen. Danach geht es dann endlich auch um Tore und am Ende hat Ghana mit 2:1 gegen Guinea gewonnen und für die Zuschauer gab es zur Zelebrierung des späten Siegtores sogar noch eine kleine Dusche, der später noch ein Abendessen hinzugefügt wird, bevor es früh ins Bette geht - schließlich soll es am nächsten Tag zu früher Stunde nach Sekondi gehen, um seine schwer erworbene Eintrittskarte für Elfenbeinküste gegen Nigeria zu Ehren kommen zu lassen.

Teil 2
Teil 3

Hier gibt es einen alternativen Reisebericht zum ACN 2008 - einfach runterscrollen bis zum Beitrag vom 30.1.2008 19:09 Uhr.