Die Idee zum Mailandtrip entstand eigentlich eher zufällig. Germanwings bot zum Nikolaustag 2002 etliche Flüge für 1 Euro (inkl. Steuern!) an. Und da man sich solche Chancen nicht entgehen lassen soll, wurden von mir fix 2 Flüge Berlin-Köln-Mailand und zurück gebucht (dass man dafür aber von 6 Uhr bis 8.30 Uhr morgens vor dem PC hängen muss um die totalen überlasteten Buchungsserver dazu zu bringen endlich eine Bestätigung auszuspucken, hatte mir keiner gesagt). Beim Datum war ich nicht sehr wählerisch, hatte aber schnell noch mal den Spielplan der Serie A zu Rate gezogen. Am Ende flogen eine Bekannte von mir und meine Wenigkeit am Donnerstag, den 23.01.2003, via Köln in die norditalienische Metropole. Und nachdem der Freitag und Samstag für 27.000 Kirchenbesuche und Flohmärkte draufging, ich den Stadtplan von Mailand bald auswendig konnte und meine Socken in die Schuhe geschweißt waren, sollte am Sonntag die Entschädigung folgen: Nach langen Jahren erwartete mich zum zweiten Mal „La opera del calcio“, die Fußballoper „Guiseppe-Meazza“ oder einfach „San Siro“, wie die Einheimischen das Stadion nennen. Das Spiel am 26.01.2003 zwischen Internazionale und FC Empoli war, wie eigentlich jedes Spiel von Inter, ein wichtiges, weil es galt dem Stadtrivalen AC auf den Fersen zu bleiben. Die Rossoneri führten vor dem 18.Spieltag die Tabelle mit 3 Punkten vor Lazio und dem drittplazierten, punktgleichen Inter. Informiert habe ich mich im Vorfeld stilecht in der „Gazzetta dello Sport“, der Mailänder Sportzeitung, die täglich erscheint. Nicht dass ich auch nur 5% der Artikel verständen hätte, aber alleine das Gefühl mit der Zeitung in einem Mailänder Park zu sitzen....herrlich! Unser Hotel lag halbwegs in der Nähe des Stadion (Hotel Berlino (!) an der Piazza Firenze) und so machten wir uns am Sonntag gegen 13.00 auf zum Stadion.

Mit dem Bus ging es ungefähr bis zur Metrostation „Lotto“. Im Bus selbst waren im Prinzip alle Fahrgäste angemessen, sprich mit blauschwarzen Fanutensilien, ausgestattet. Es ist schon bewundernswert, wenn man sich mal durch den Kopf gehen lässt, dass an diesem Tag so viele blau und schwarz gekleidete Menschen zu ihrer Mannschaft ins Stadion pilgern und genau eine Woche später eine ähnlich grosse Masse in rot und schwarz das gleiche macht. Wie ein zweiteiliges Rituale, dass alle 14 Tage von vorne anfängt. Von der Metrostation zum Stadion war es dann aber noch aber noch ein Kilometer, der zum Ende immer mehr mit Fanartikelständen gesäumt war. Hoch in der Gunst lagen natürlich Trikots der üblichen italienischen Fußballhelden, wie Vieri, Del Piero, Totti etc.. Ein Händler hatte auch noch ein Trikot von WM-Held Miroslav Klose hängen.....das nennt man wohl Fehlinvestition! Umso näher man dem Stadion kam umso mehr baute sich das „Ungetüm“ vor einem auf. Wer meint, dass das Westfalenstadion oder die Aol-Arena gewaltige Bauten sind, wird hier schließlich seinen kompletten Irrtum eingestehen müssen. So schön der Anblick von aussen auch war, galt es nun aber Tickets zu besorgen um die Fußballoper auch von innen zu sehen. Nachdem uns diverse Schwarzhändler direkt als Touris ausgemacht hatten, wollte man uns „freundlicherweise“ spezielle Preise machen. Von angeblichen Verkaufsgebühren, die die offizielle Verkaufsstelle angeblich nehmen würde, bis zum sehr unwahrscheinlichen „ausverkauft“ wurde uns diverse Kaufanreize geboten. Da ich mir aber sicher war, dass das Spiel nicht ausverkauft sein würde, probierte ich es natürlich an der Ticketstelle und besorgte zwei Karten für die „Anello Blu“, Mittelrang, Sektion 205. Die blaue Tribüne ist eigentlich die Heimtribüne der AC-Fans und wenn Inter spielt daher nicht immer voll besetzt.

Nachdem wir das Stadion umrundet hatten (was an sich schon eine Leistung ist) fanden wir eine ellenlange Schlange an unserem Eingang vor. Passenderweise hatte sich schon ein mobiler Pizzaverkäufer an die Schlange wartender Menschen gestellt. Nach sage und schreibe 45 Minuten waren wir dann endlich an der Einlasskontrolle. Habe ich geschrieben Kontrolle? Das bezog sich wohl nur auf die Gültigkeit des Tickets. Ansonsten wurde nichts kontrolliert, obwohl ich für meinen Fotoapparat eine mittelgroße Fototasche dabei hatte. „Nun gut“, denke ich mir, „ist ja nicht mein Problem“. Und schon waren wir direkt vor den riesigen Aufgängen, die dem Stadion seine Unverwechselbarkeit garantieren. Für den Zugang zum zweiten Rang muss man diese aber nicht begehen, sondern die alten Treppenhäuser im Stadioninneren benutzen. Leider stand absolut nirgends wo denn genau der Eingang zu Block 205 zu finden sei. Die Snackverkäufer schickten uns von Pontius zu Pilatus, aber nach tatsächlich schon 15 Minuten hatten wir unsere Plätze gefunden.........., die leider schon belegt waren! Mal abgesehen davon, dass die Sitznummerierung bei einigen Plätzen absolut nicht mehr zu lesen ist, wurde anscheinend nach dem Prinzip „first come, first choice“ verfahren. Also pflanzten wir uns auf zwei freie Sitz einige Reihen tiefer. Das schöne Anfangsintro ist mir fototechnisch leider durch die Lappen gegangen, weil ich noch mit der Sitzplatzsuche beschäftigt war. Schiedsrichter Rodomonti pfiff pünktlich um 15.00 Uhr die Partie vor knapp 60.000 Zuschauern an. Im Spiel selbst war zwar Inter während der gesamten Spielzeit überlegen, konnte aber in der ersten Halbzeit kein Tor erzielen. Zum Pausentee gab es für die Spieler von den Heimfans kostenlos Pfiffe zum Abschied. Die zweite Halbzeit war dann die Ein-Mann-Show des Christian „Bobo“ Vieri, der die Toskaner mit einem Hattrick im Alleingang abschoss. Nun schien selbst das Publikum in Fahrt zu kommen und vereinzelt wurden lautstarke Fangesänge angestimmt. In diesen wenigen Augenblicken kann man sich vorstellen, dass die Kulisse schnell zur Drohkulisse für das Gästeteam werden kann, wenn das ganze Stadion mal zeigt wer „Herr im Hause“ ist. Im ganzen war der Support aber nur vereinzelt lauter wahrzunehmen und deswegen etwas enttäuschend. Von unseren Plätzen konnten wir die wenigen Gäsetfans, die im Unterrang zwischen der blauen und roten (Haupt-) Tribüne ihren Platz hatten ganz gut beobachten. Wenn die paar Leute auch nicht in der Lage waren ihre Fangesänge durch das ganze Stadionrund zu transportieren, konnten wir doch häufiger Schlachtrufe und „Action“ im Gästeblock wahrnehmen. Irgendwann gehen dann aber leider auch die schönsten 90 Minuten zuende und so machten wir uns kurz vor 5 wieder auf Richtung Hotel. Am nächsten Morgen ging es dann auch schon wieder zurück gen Heimat, aber nicht ohne eine Menge neue Eindrücke und Emotionen mitgenommen zu haben.

jonam